Überall springt einem jetzt das Thema „torffreie Erde“ entgegen. Was es damit auf sich hat und warum es wirklich jede*n betrifft, die oder der sich gerne mit Pflanzen umgibt, das haben wir Eva-Maria Geiger gefragt. Sie ist Diplom-Agraringenieurin, forscht und experimentiert seit über 10 Jahren mit torffreien Substraten an der LWG Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim und kann deshalb aus Erfahrung sprechen. Das nutzen wir und sammeln für Sie die wichtigsten Infos zum Umgang mit torffreier Erde.

Warum sollten sich auch Hobbygärtner mit dem Thema torffreie Erden befassen? 

Beitrag zum Klimaschutz

Dabei geht es um den Klimaschutz. Torf im Garten zu benutzen, war wirklich angenehm, und man hat sich daran gewöhnt. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass der Abbau von Torf die wichtigsten CO2-Speicher unserer Erde zerstört: die Moore. Die Moore sind als CO2-Speicher doppelt so leistungsstark wie sämtliche Bäume auf der Welt zusammen genommen. Die Moorflächen wurden bereits stark dezimiert. Wenn wir weiterhin Torf abbauen, geht nicht nur Speicher verloren, sondern es wird beim Abbau gleichzeitig sehr viel CO2 freigesetzt.

CO2 einsparen

Wir müssen dringend CO2 einsparen, und dafür brauchen wir Strukturen, die CO2 speichern können. In diese Richtung müssen wir arbeiten, und der Verzicht auf Torf im Gartenbau ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Hier kann wirklich jeder und jede mitmachen.

Im Grunde ist es eine Vereinfachung. Vor 50 Jahren hatten wir noch gar keinen Torf im Garten. Jetzt kommen die damaligen Substrate und Methoden wieder ins Gedächtnis, z. B. Nadelerde, Mulchen oder das Düngen mit Schafwolle.

Die Torfreduktionsstrategie im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung sieht vor, im Freizeitgartenbau bis 2026 gar keinen Torf mehr einzusetzen. Europaweit. 

Eva Maria Geiger LWG Veitshöchheim

Ist Komposterde eine Alternative? 

Kompost ist Dünger

Kompost ist sehr wertvoll, aber als Dünger, nicht als Ersatz für Erde an sich. Eine gute Erde erreichen Sie, wenn Sie Ihre bestehende Gartenerde mit etwa 20-30% Kompost durchmischen. Ansonsten droht Überdüngungsgefahr, die Wurzeln können verbrennen, und es gelangen zu viele Salze ins Grundwasser, denn Kompost ist sehr gehaltvoll. Verwenden Sie ihn wie einen wertvollen Dünger, der die Gartenerde stetig verbessert.

Für Pflanzen, die in Kübeln und Töpfen stehen, ist sehr hochwertige torffreie Erde aus dem Fachhandel die beste Wahl. Hier lohnt es sich, genau hinzusehen, damit man die beste Qualität erhält.

Sind die „alten“ Erden verboten worden?

Kein Verbot, sondern eine Bewegung

Es ist kein Verbot ausgesprochen worden, aber die ganze Branche wurde dazu angehalten, das Klimaziel mit umzusetzen. Die Erdenwerke arbeiten unter großen Anstrengungen daran, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Und der Fachhandel motiviert die Kunden zum Mitmachen. So wird das Ziel von allen mitgetragen, und wir konnten im Freizeitgartenbau bereits 50% Torf reduzieren. Es ist ein Beitrag, den jeder leisten kann und sollte. Und der Umstieg hat nicht nur Vorteile für die Umwelt, sondern auch für den Anwender.

Einstieg mit torfreduzierter Erde

Wir empfehlen, im ersten Schritt mit torfreduzierter Erde zu arbeiten und hier Erfahrungen zu sammeln. Wenn das gut gelingt, dann können Sie sich im nächsten Jahr an torffreie Erde heran wagen. In unserer Forschungsanstalt in Veitshöchheim haben wir sehr viele Container mit Pflanzen, es sind über 800 Sorten. Diese sind alle schon umgestellt auf torfreduzierte oder torffreie Erde und gedeihen prächtig. 

Geht das Gärtnern mit torffreier Erde genauso wie früher?

Torffreie Erde ist lebendig und arbeitet

Der größte Unterschied zu den torfbetonten Erden ist, dass die torffreien Erden durch und durch lebendig sind. Während Weißtorf total stabil ist und sich auch bei sehr langer Lagerung kaum verändert, sind torffreie Erden eine lebendige Masse, die ständig “arbeitet” und auf Veränderungen reagiert, zum Beispiel auf Temperaturunterschiede.

Die wichtigsten Bestandteile der torffreien Erden sind Holzfasern, Rindenhumus, Substratkompost aus Rasenschnitt, Holzschnitt usw. sowie Ton. Der hohe organische Anteil sorgt für ein sehr aktives Bodenleben mit vielen Mikroorganismen. Wenn man den Erde-Sack öffnet, riecht es nach Wald, ganz wie früher. Und wenn man die Erde ein bisschen stehen lässt, können zum Beispiel Pilze darin wachsen. Durch dieses “Arbeiten” der Mikroorganismen werden beständig weiter Salze frei, und die Zusammensetzung der Erde verändert sich dadurch. Das hat Auswirkungen auf das Düngen und auch auf das Gießen.

Die besten Tipps, damit der Umstieg auf “torffrei” klappt

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Nur frische Erde verwenden

Bei torffreier Erde kommt es darauf an, immer frische Erde zu kaufen und sofort zu verarbeiten. Bei der “alten” Erde war es kein Problem, Reste zu lagern und nächstes Jahr wieder zu verwenden. Das geht bei der torffreien Erde nicht, weil sie sich ständig verändert. Achten Sie darauf, frische Erde aus dieser Saison zu kaufen, und brauchen Sie Reste noch in dieser Saison auf.

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Erde passend zur Pflanze kaufen

Weil die Erden so lebendig sind, ist jede Mischung speziell und sollte optimal zu den Pflanzen passen, die darin gepflanzt werden. Es gibt deshalb mehr Spezialerden, z. B. Tomatenerde, Beerenobst-Erde, Kräuter-Erde usw. – Aber Achtung: Diese speziellen Bezeichnungen machen nur Sinn, wenn die Erde auch wirklich torffrei ist. Achten Sie deshalb auf die Kennzeichnung „torffrei“ und lesen Sie die Liste der Inhaltsstoffe.

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Gute Erde erkennen

Viel mehr als früher ist es entscheidend, bei der Erde auf Top-Qualität zu bestehen. Vor Billigerden (z. B. aus dem Supermarkt) ist regelrecht zu warnen. Weil diese billig hergestellt werden müssen, ist das Risiko extrem hoch, dass die Bestandteile nicht optimal aufbereitet sind und durch die lebendigen Prozesse die Erde sogar schädlich für die Pflanzen werden kann. Eine Gefahr ist zum Beispiel die Stickstoffbindung. Stickstoff ist DAS Lebenselixier für Pflanzen. Ist Stickstoff in der Erde gebunden, ist er für die Pflanzen nicht verfügbar, so dass Mangelerscheinungen auftreten und Pflanzen nicht gut wachsen können. Nicht gut aufbereitete Bestandteile können auch dazu führen, dass zuviele Salze in der Erde frei werden und so die Wurzeln verbrennen, oder dass der pH-Wert zu stark ansteigt und die Pflanzen an Eisenmangel erkranken.

Um hochwertige Erde zu erkennen, raten wir Freizeitgärtnern, im Fachhandel zu kaufen und nachzulesen, was auf der Packung steht. Mindestens zwei verschiedene Torfersatzstoffe plus Ton sollten enthalten sein: Zur Auswahl stehen z. B. Holzfasern, Rindenhumus, Substratkompost und Kokosfasern oder -mark. Ton ist der wichtigste Wasserspeicher in torffreier Erde und sollte immer enthalten sein. Bei Kübelpflanzenerde ist zusätzlich ein mineralischer Bestandteil als Strukturgeber wichtig: Das können Splitt, Bims, Blähton oder ein Granulat sein. Sind die Bestandteile nicht klar dargestellt, ist Skepsis ratsam. Der Salzgehalt (Phosphor, Kalium, Magnesium usw.) sollte nicht höher als 2-3 Gramm pro Liter sein und der pH-Wert nicht höher als 6,5 liegen.

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Öfter behutsam gießen

Eine spürbare Umstellung betrifft das Gießen. Denn Torf speichert Wasser wie ein Schwamm. Das können die torffreien Erden nicht so gut. Hier muss man langsam und gleichmäßig gießen, damit keine Nährstoffe ausgeschwemmt werden und die Pflanzen fortlaufend genügend Wasser erhalten.

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Wasserspeichergefäße oder Tröpfchenbewässerung verwenden

Um die gleichmäßige Wasserversorgung zu erleichtern, sind Gefäße mit Wasserspeicher eine gute Wahl. Auch sehr gut eignet sich eine Tröpfchenbewässerung. So bekommen die Pflanzen ihre benötigte Wassermenge zeitlich versetzt nach Bedarf, ohne zusätzlichen Zeitaufwand.

Stauden mit Bewässerung

Tröpfchenbewässerung – kaum zu sehen, oder?

Und was sind die Vorteile von torffreier Erde?

Torffreie Erden sind REGIONAL

Die Bestandteile der torffreien und torfreduzierten Erden sind natürlicherweise ganz regional. Torf musste oft aus dem Ausland, z. B. aus Osteuropa, eingeführt werden. Aber Holzfasern, Rasenschnitt usw. stammen aus unserer direkten Umgebung. Das vermeidet lange Transporte, und Abfall wird vermieden: Sowohl Holzfasern als auch die Grundstoffe von Substratkompost sind Abfallprodukte, die so zu etwas Nützlichem verarbeitet werden.

Neues Düngen: Einfacher als früher!

Noch ein großer Vorteil ist, dass das Düngen der torffreien Erden viel einfacher ist als bei den alten Erden. Weil die Erden so lebendig sind, entwickeln sie selbst genügend Salze wie Phosphor und Kalium. Der einzige Stoff, der lebensnotwendig nachgedüngt werden muss, ist Stickstoff. Denn auch die Mikroorganismen brauchen ihn zum Leben. Horngrieß, Hornspäne und Schafwoll-Pellets sind eine tolle Kombination und versorgen die Pflanzen die ganze Saison über. Ein flüssiger Stickstoff-Dünger kann bei Bedarf ergänzend dazu gegeben werden.

Beispiel Zauberglöckchen:

Beim Pflanzen direkt Hornspäne und Schafwoll-Pellets in die Erde geben. Falls die Pflanzen im Hochsommer heller werden, etwas Horngrieß in die Erde einarbeiten oder mit flüssigem Stickstoffdünger nachdüngen. So blühen die Zauberglöckchen durch bis Ende Oktober.

Haben Sie noch Fragen zu den torffreien Erden?

Fragen Sie! Wir beraten Sie gern rund um Erde, Dünger, Gießen, Bewässerung und alles, was mit Pflanzen zu tun hat. Dafür sind wir da. 

Fotos: Carola Thieme // thieme-markendesign; Lin Scherer // floristweb; Patzer Erden GmbH
Texte: Lin Scherer // floristweb